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AutorenbildBoris Seedorf

Chancen und Grenzen der Low-Level-Lasertherapie bei Tinnitus

Aktualisiert: vor 14 Stunden


Die hochdosierte Low-Level-Lasertherapie (LLLT) hat in den letzten Jahren als mögliche Behandlungsmethode für Hörstörungen wie Tinnitus an Bedeutung gewonnen. Durch gezielte, sanfte Bestrahlung mit Laserlicht soll die Durchblutung und Regeneration der Hörzellen angeregt werden, um betroffene Hörregionen im Innenohr zu unterstützen. Die Erfolge dieser Therapie hängen stark von der Art der Hörproblematik ab. In diesem Artikel beleuchten wir die Chancen und Grenzen der Lasertherapie, insbesondere bei Hörstörungen mit messbarem Hörverlust, und zeigen auf, wann es sinnvoll ist, andere Therapieansätze zu wählen.


Was bewirkt die Low-Level-Lasertherapie im Ohr?


Die Low-Level-Lasertherapie setzt auf die zellregenerierende Wirkung von sanftem Laserlicht im roten oder infraroten Spektralbereich. Der Laserstrahl dringt tief in das Gewebe des Innenohrs ein, ohne es zu erhitzen oder zu verletzen. Die Lichtwellen sollen die Mitochondrien – die „Kraftwerke“ der Zellen – stimulieren, sodass sie vermehrt Energie produzieren und regenerative Prozesse im Gehör anregen können. Gleichzeitig wird die Durchblutung im Bereich des Innenohrs verbessert, was dazu beitragen kann, geschädigte Hörzellen zu regenerieren und das Gewebe zu unterstützen.


Chancen der Lasertherapie: Wenn Hörverlust messbar ist


Die Low-Level-Lasertherapie zeigt vor allem bei Patienten mit einem messbaren Hörverlust vielversprechende Ergebnisse*. Die geläufige Methode, um den Hörverlust festzustellen, ist die Audiometrie, bei der eine sogenannte „Hörkurve“ erstellt wird. Die Hörkurve zeigt, wie gut oder schlecht ein Patient bestimmte Frequenzen wahrnimmt. Liegt ein klarer Hörverlust vor – also ein messbarer Unterschied zu normalem Hörvermögen – hat die Lasertherapie das Potenzial, die Hörzellen positiv zu beeinflussen. Besonders nach einem Hörsturz oder bei plötzlicher Schwerhörigkeit, die das Innenohr betrifft, kann die Lasertherapie eingesetzt werden, um die Selbstheilung zu unterstützen und den Verlust zumindest teilweise auszugleichen.

Aus diesem Grund ist nicht nur die allgemeine Hörmessung des ganzen Ohres mittels der sog. Luftleitungsmessung wichtig, sondern vor allem die Knochenleitungsmessung, da nur letztere verlässlich Auskunft darüber geben kann, ob das Innenohr betroffenen ist.


Ein Beispiel: Nach einem akuten Hörsturz kommt es oft zu einem Verlust des Hörvermögens auf einem oder beiden Ohren, was die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränkt. Hier kann die Lasertherapie als unterstützende Maßnahme eingesetzt werden, um die betroffenen Bereiche im Ohr zu stimulieren und die Regeneration der geschädigten Haarzellen anzuregen.


Grenzen der Lasertherapie: Bei guter Hörkurve


Die Grenzen der Low-Level-Lasertherapie zeigen sich jedoch bei Patienten, deren Hörkurve in der Audiometrie gut ist. Hier kann die Lasertherapie meist keine dauerhafte Besserung bringen, da die Ursache des Tinnitus nicht in der Beeinträchtigung von Hörzellen liegt, sondern oft im Nervensystem selbst verankert ist. Der Tinnitus tritt auf, obwohl das Hörorgan strukturell intakt ist.


In solchen Fällen stehen die Ohrgeräusche häufig in Zusammenhang mit einer Überlastung oder Dysregulation des Nervensystems. Die Geräusche werden vom Gehirn selbst produziert, oft als Folge von Stress oder psychischen Belastungen. In diesen Fällen sind andere therapeutische Ansätze gefragt, die das Nervensystem direkt ansprechen. Hier können Techniken wie EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) oder andere körpertherapeutische Ansätze wie progressive Muskelentspannung oder Atemtechniken zur Beruhigung des Nervensystems eingesetzt werden.


Tinnitus und das Nervensystem: Alternative Wege zur Behandlung


Ein chronischer Tinnitus kann eine Folge von emotionalem Stress, traumatischen Erlebnissen oder einer Überreizung des Nervensystems sein. Besonders bei Menschen, deren Hörvermögen unverändert gut ist, zeigt sich, dass die Tinnitus-Symptome oft dann verstärkt auftreten, wenn das Nervensystem in einem überreizten Zustand ist. Hier geht es weniger darum, die Hörzellen im Innenohr zu regenerieren, sondern vielmehr darum, das Nervensystem zu beruhigen und den Körper wieder in Balance zu bringen.


In meiner Praxis setze ich gezielt auf Ansätze wie EMDR, eine Technik, die ursprünglich aus der Traumatherapie stammt und durch gezielte Augenbewegungen dabei hilft, emotionale Belastungen zu verarbeiten. Die Methode zielt darauf ab, im Nervensystem gespeicherte „Ladungen“ aufzulösen und dem Gehirn dabei zu helfen, akustische Erinnerungen oder innere Spannungen zu verarbeiten. Solche Techniken helfen oft, die Geräuschwahrnehmung im Ohr positiv zu beeinflussen, indem sie das zugrunde liegende Stressmuster lösen.


Auch Körpertherapie-Methoden, wie etwa Atemübungen, Meditation oder progressive Muskelentspannung, können helfen, das Nervensystem zu beruhigen und so die Symptome des Tinnitus zu lindern. Diese Methoden sind besonders wirksam, wenn der Tinnitus durch emotionale oder psychische Belastungen verstärkt wird, da sie eine tiefere Entspannung fördern und Stress abbauen.


Desweiteren kann ein sogenanntes Hörtraining sinnvoll sein: Mittels eines kurzen Tests mit einem speziellen Audiosystem kann festgestellt werden, ob es Problem mit der Hörverarbeitung besteht. Dies wäre daran erkenbar, dass eine Schwierigkeit besteht, Geräusche korrekt zu orten. Wenn es diesbezüglich eine Schwierigkeit gibt, kann man ein Hörtraining anwenden.


Wann also ist die Lasertherapie sinnvoll und wann braucht es andere Ansätze?


Die hochdosierte Low-Level-Lasertherapie hat sich als vielversprechende Option zur Unterstützung der Heilung bei Hörverlust oder akuten Hörstörungen, wie einem Hörsturz, erwiesen – vorausgesetzt, dass ein messbarer Hörverlust im Innenohr vorliegt. In diesen Fällen kann die Lasertherapie die Durchblutung verbessern und regenerative Prozesse in den Hörzellen unterstützen.


Patient auf der Liege in Behandlung mit einem Low-Level-Laser zur Therapie von Tinnitus
Anwendung der Low-Level-Lasertherapie bei Tinnitus, Hörsturz und Schwindel

Liegt jedoch keine Schädigung des Gehörs vor und ist die Hörkurve gut, zeigt die Lasertherapie meist keine signifikante Wirkung, da die Hörzellen ja biologisch gut funktionieren. In diesen Fällen ist die Ursache oft tiefer im Nervensystem verankert. Hier sind alternative Ansätze gefragt, die das Nervensystem beruhigen und helfen, emotionale oder psychische Spannungen zu lösen, wie beispielsweise das Hörtraining zur Hörregeneration, das ich als ausgebilderter Hörtrainer in meiner Praxis anbiete.

Mehr dazu hier.


So kann eine gezielte Kombination aus Lasertherapie und Techniken zur Stressbewältigung für viele Betroffene eine gute Strategie sein. Wer jedoch keine messbare Schädigung des Gehörs hat, sollte auf die Arbeit mit dem Nervensystem setzen – um so einen langfristigen Weg zu einem ruhigeren, entspannteren Leben zu finden. Dabei unterstütze ich Sie gerne.


Herzliche Grüße

Ihr Boris Seedorf



*Studie: Low-Level-Lasertherapie und Wirkung bei Tinnitus


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